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Worker´s Memorial Day - bewegender Gottesdienst im Michel

Der Toten gedenken - für die Lebenden kämpfen!

Gottesdienst unter dem Motto "Lass Dich nicht verbrennen"
Unter dem Motto "lass Dich nicht verbrennen!" feierten Gewerkschafter:innen, Berufsgenossenschaften und Gläubige verschiedener Konfessionen im Hamburger Michel einen Gottesdienst anlässlich des Worker´s Memorial Day (Foto: Harning).
02.05.2024
Nachrichten

Mit einem Ökumenischen Gottesdienst haben die Hamburger Religionsgemeinschaften zusammen mit Angehörigen von Gewerkschaften und Berufsverbänden all jener Kolleginnen und Kollegen gedacht, die durch berufliche Tätigkeit ihr Leben verloren haben.

 

Rund 250 IG BAU- und DGB-Gewerkschafter:innen, sowie Angehörige von Berufsgenossenschaften waren am 28. April - dem Worker´s Memorial Day - zu diesem ganz besonderen Gottesdienst in der Hamburger Hauptkirche St. Michaelis gekommen. Sie gedachten der Arbeiter:innen, die in den vergangenen Jahren während ihrer beruflichen Tätigkeit das Leben verloren und mahnten in die Zukunft gerichtet: "Lass Dich nicht verbrennen!".

Neben diesem beunruhigenden Ausblick auf die Herausforderungen des Klimawandels für die Arbeitswelt, richteten sich die Gedanken der Anwesenden an diesem Tag auch immer wieder in Richtung "Überseequartier" - einer Großbaustelle für eine Luxus-Shopping-Mall in der Hafencity, bei der es zwar bautechnisch an nichts fehlt, die Sicherheit der dort eingesetzten Bauleute aber keine große Rolle zu spielen scheint.  So kamen dort bei einem verheerenden Unfall Ende Oktober 2023 fünf albanische Arbeiter beim Einsturz eines nicht- oder nicht ausreichend verankerten Gerüstes ums Leben. Laut "Mopo" hatten die Männer "offenbar gefälschte Pässe, keine Krankenversicherung und wurden (...) miserabel bezahlt".

Sowohl "Michel"-Hauptpastor Alexander Röder, als auch sein katholischer Amtsbruder Thorsten Weber betonten in ihren Predigten die außerordentliche Verantwortung, die Arbeitgeber, letztlich aber die gesamte Gesellschaft für die Sicherheit der Arbeiter haben - und welch große Bedeutung die Solidarität mit ihnen und ihren Angehörigen hat, wenn es erst zu einem Unglück gekommen ist.

Solidarität, die auch die Angehörigen jener fünf albanischen Kollegen erfuhren, die auf der Baustelle Überseequartier ihr Leben verloren: so kamen nach einem Spendenaufruf der IG BAU bis Weihnachten 2023 gut 25.000 Euro zusammen, die den Familien der Opfer übergeben werden konnten. Mehrere Medien arbeiteten den Fall auf und brachten Näheres über die Arbeitsbedingungen der Männer ans Tagelicht. Unabhängig davon wurden im Michel auf Bitte einer eigentlich unbeteiligten Hamburgerin hin Ende letzten Jahres die Namen der Verunglückten verlesen, um ihrer zu gedenken.

Neben Röder und Weber sprach auch IG BAU-Bundesvorstandsmitglied Carsten Burckhardt im Michel und forderte unter anderem einen deutlich verbesserten Arbeits- und Gesundheitsschutz für die Beschäftigten. Zudem trugen mehrere Gewerkschafter:innen Fürbitten für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor - unter ihnen Uwe Nack, Mitglied im Hamburger Bezirksvorstand der IG BAU. Insbesondere diese Beiträge machten den Schulterschluss spürbar, den die großen Kirchen und die Gewerkschaften beim Thema Arbeits- und Gesundheitsschutz wagen.

Liederheft zum Gottesdienst am Worker´s Memorial Day
Liederheft zum Gottesdienst am Worker´s Memorial Day (Foto: IG BAU).

Dass sich der kirchliche Blick auf (Arbeits-)unfälle im Laufe der Jahrzehnte deutlich geändert hat, machte Röder mit einem Zitat aus dem Jahre 1913 deutlich, als die Gemeinde St. Michaelis einen verunglückten Hafenarbeiter zu Grabe trug und den Todesfall im wesentlichen als Grund zur Freude pries - schließlich war das Unfallopfer nun bei Gott. Aus heutiger Sicht, so Röder, schüttele es ihn ob dieser Sichtweise. Zwar sei der Glauben im Todesfall für viele Angehörige eine große Stütze - doch sollten die Kirchen vor allem das Leben feiern - und dessen Schutz.

Nach Ende des Gottesdienstes versammelten sich die Gewerkschafter:innen auf Einladung der IG BAU und der St. Michaelis-Gemeinde im Gemeindehaus des Michel, hörten gemeinsam ein eingespieltes Video-Grußwort von Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) und ließen den Tag bei Häppchen und intensiven Gesprächen ausklingen.

Olaf Harning

 
Michel-Pastor Alexander Röder und Pfarrer Thorsten Weber.
Michel-Pastor Alexander Röder und Pfarrer Thorsten Weber.
Uwe Nack (IG BAU Hamburg) bei seiner Fürbitte (schlechte Bildqualität)
Uwe Nack (IG BAU Hamburg) bei seiner Fürbitte (schlechte Bildqualität)
Im Gemeindehaus St. Michaelis lauschten die Anwesenden einem Grußwort von Hubertus Heil.
Im Gemeindehaus St. Michaelis lauschten die Anwesenden einem Grußwort von Hubertus Heil.
Pastor Alexander Röder (Mitte) im Gespräch mit Matthias Maurer und Achim Bartels (alle Fotos: Harning).
Pastor Alexander Röder (Mitte) im Gespräch mit Matthias Maurer und Achim Bartels (alle Fotos: Harning).