Dietmar Schäfers vor dem Bürgerhaus Wilhelmsburg. Der 58jährige gehört bereits seit 2011 dem Bundesvorstand der IG BAU an und wurde im September vom Gewerkschaftstag mit gut 92 Prozent der Stimmen als Stellvertretender Bundesvorsitzender bestätigt. In seiner Laudatio betonte der gerlernte Bauzeichner, dass die Gewerkschaften heute mehr denn je gefordert sind, für gerechte Löhne und eine faire Verteilung des gesellschaftlichen Reichtums einzutreten. (Foto: IG BAU)
05.11.2013
Archivmeldungen 2013
Das ist doch mal eine Zahl: 13.330 Jahre Treue hat die IG BAU Hamburg am Samstag in Wilhelmsburg gefeiert. So lange nämlich waren die 272 Jubilare dieses Jahres zusammen Mitglied der Industriegwerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt und ihrer Vorgänger. Das erfüllt nicht nur Matthias Maurer mit Stolz: "Von Adenauer bis zur Agenda-Politik habt Ihr so manches Eisen geboten, harte Arbeitskämpfe mitgemacht", rief Hamburgs IG BAU-Chef den Jubilaren zu und ehrte sie für langjährige gewerkschaftliche Treue, "für das Zupacken und Zusammenstehen". Die Laudatio hielt der stellvertretende Bundesvorsitzende Dietmar Schäfers.
Dietmar Schäfers und Matthias Maurer im Gespräch.

Hatten sich viel zu sagen: Dietmar Schäfers und Hamburgs IG BAU-Vorsitzender Matthias Maurer am Rande der Jubilarehrung (Foto: IG BAU)

"Es ist wie ein Naturgesetz: Tarifverträge fallen nicht vom Himmel", sagt Maurer. Und auch eine weitere Regel ist für ihn wie in Stein gemeißelt: "Je stärker eine Gewerkschaft, desto mehr kann sie für die Arbeitnehmer herausholen". Deshalb appelliert Hamburgs Bezirksvorsitzender auch an die Beschäftigten auf dem Bau, in der Gebäudereinigung, im Garten- und Landschaftsbau sowie in der Landwirtschaft, sich zu organisieren: "Mehr Rückrat in eigener Sache ist das Erfolgsrezept, um im Job überhaupt zufrieden sein zu können. Und nur Gewerkschaftsmitglieder profitieren schließlich vom Erfolg am Tariftisch", so Maurer anläßlich der Jubilarehrung.
Auch Dietmar Schäfers verknüpfte die Leistung der "Alten" mit der Aufgabe nachfolgender Generationen. "Jede Jubilarehrung ist ein Stück unserer Geschichte", sagte der 58jährige zu Beginn seiner Laudatio, "und verdeutlicht, dass zu allen Zeiten Gewerkschaften notwendig waren." IG BAU und andere seien heute nur deshalb die bekannten, starken Interessengemeinschaften, "weil Frauen und Männer sich zu ihnen bekannt und ihnen die Treue gehalten haben." Der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit bestehe auch in den modernen Industriegesellschaften fort. So stünden heute immer mehr reiche- einer ebenfalls steigenden Zahl armer Menschen gegenüber. Und diese Reichen, so Schäfers, "wissen nicht, was es heißt, im Betrieb oder auf der Baustelle, in den Objekten, am Arbeitsplatz unfair und respektlos behandelt zu werden." Sie könnten sich auch nicht vorstellen, was es für Menschen bedeutet, ihr Leben lang körperlich hart gearbeitet zu haben und dann mit 60 noch auf der Baustelle zu sein. "Nicht nur Reiche sollen im Alter gut leben, auch Ihr habt eine Rente verdient, die zum Leben reicht!", rief der IG BAU-Vize den Jubilaren zu, forderte in Wilhelmsburg erneut ein soziales Europa, das Ende der "Rente mit 67" und ein entschiedenes Vorgehen gegen jede Art von Rassismus und Neonazismus.
 
Stellvertretend für 66 Jubilare mit 60 Jahren-, 113 Mitglieder mit 50 Jahren- und 93 KollegInnen mit 40 Jahren Mitgliedschaft hob Schäfers die Verdienste der Hamburger Gewerkschafter Gerd Idas, Heini Heinrichs und Paul Tüger hervor. So habe Idas neben seiner Arbeit als Maurer und Schornsteinbauer auch als Betriebsrat gewirkt und gilt als einer der Wegbereiter der "alternativen Hafenrundfahrt" in Hamburg. Heinrichs hingegen gründete einst die Fachgruppe der Estrichleger und engagierte sich im Gesellenprüfungsausschuss, während sich Paul Tüger über Jahrzehnte als hauptamtlicher Sekretär der IG BSE und als Betriebsrat der Gewerkschaftsbeschäftigten engagierte. Schäfers abschließend: "Danke an Gerd, Heini, Paul und an alle 60jährigen Jubilare! Jeder von ihnen hätte es verdient, hier besonders vorgestellt zu werden."
Gedeckte Tafel im Bürgerhaus

Reich gedeckte Tafel im Bürgerhaus (Foto: IG BAU)

Dass der Alltag von Jubilaren nicht zwingend mit Müßiggang und "Ruhestand" gleichzusetzen ist, machte abschließend noch einmal Matthias Maurer deutlich: "Es gibt jede Menge heißer Eisen, die gerade IG BAU-Senioren mit Tatkraft anpacken". Das gelte für das seniorengerechte Bauen ebenso, wie für das Thema Rente. "Jeder in der IG BAU kämpft für eine faire Rentenreform - allen voran unsere Jubilare", so Maurer. Die nämlich wüssten am besten, dass es kein Bauarbeiter bis zum 67. Lebensjahr im Job aushalten kann. Und das gelte für eine Gebäudereinigerin und einen Fensterputzer ebenso. Maurer: "Die IG BAU Hamburg appelliert daher an die neue Bundesregierung, dringend die Rentenweichen neu zu stellen - und zwar so, dass jeder von der Rente, die er oder sie bekommt auch leben kann."