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"Es tut mir leid, Sie haben das verantwortet ..."
29.08.2013
Archivmeldungen 2013
Eine Diskussion, die durchaus Überraschungen bot: So befürworteten alle Politiker auf dem Podium Nachbesserungen an der Rente mit 67, beispielsweise Ausnahmeregelungen für Berufe mit schwerer, körperlicher Arbeit. Am hartnäckigsten verteidigte noch Manuel Sarrazin die sozialpolitischen Einschnitte unter Kanzler Gerhard Schröder und auch die "Rente mit 67". Man habe damit, so der Grünen-Politiker, die "deutsche Wirtschaft wettbewerbsfähig gemacht" - eine Sichtweise, die inzwischen weitgehend widerlegt ist. Renate Kleinschmidt, SPD-Sozialpolitikerin und Hamburgs AfA-Vorsitzende, verwies hingegen auf die Möglichkeit, nach 45 Beitragsjahren weiterhin "schon" mit 65 abzugsfrei in Rente gehen zu können - eine für die BAU-Berufe wenig nützliche Information: Erstens fällt es den meisten Beschäftigten in den von Arbeitslosigkeit und unterbrochenen Erwerbsbiographien geprägten Branchen schwer, überhaupt 45 Beitragsjahre zu sammeln. Außerdem starten die meisten bereits mit 15, 16 oder 17 ins Berufsleben, hätten also im Optimalfall bereits mit 60 die 45 Beitragsjahre erarbeitet. Offene Türen rannte hingegen Jan van Aken ein, der die Forderungen der IG BAU teilweise sogar "überbot". Dafür musste er sich von Sarrazin und Kleinfeld den Vorwurf gefallen lassen, zwar "sympathisch rüberzukommen", letztlich aber unbezahlbare Versprechungen zu machen. Munter wurde es im Publikum, als Sebastian Liebram seine Forderung nach Verbesserungen bei der Rente mit dem Hinweis begründete, er wolle keine 67jährigen Gerüstbauer verantworten. "Es tut mir wirklich leid", fuhr ihm da van Aken ins Wort, "aber Sie haben das bereits verantwortet."
Zu Beginn der Runde, bei der sich der angekündigte und auch kurzzeitig anwesende CDU-Politiker Dirk Marx wegen eines Unfalls in der Familie entschuldigen ließ, hatte der Hamburger IG BAU-Vorsitzende Matthias Maurer die Rentenproblematik aus Sicht der IG BAU-Mitglieder dargestellt. "Praktisch", so Maurer an die Adresse der Politik, "verlassen viele Kolleginnen und Kollegen das Arbeitsleben schon mit 55 oder 56", weil sie etwa krank oder körperlich beeinträchtigt sind. "Die leben dann noch andertalb oder zwei Jahre in einer relativen Absicherung und fallen dann in Hartz IV". Das mache die sehr spezielle Situation der BAU-Branchen aus und komme zu den generellen Problemen, wie dem sinkenden Rentenniveau, erschwerend hinzu. Die Verschiebung des Renteneintrittsalters auf 67 Jahre sei vor diesem Hintergrund ein reines Rentenkürzungsprogramm und habe mit der realen Arbeitswelt nichts zu tun.
Zwar äußerte Renate Kleinfeld Verständnis für die Probleme und beklagte, dass sogenannte "Aufstocker" und "Minijobber" zur Zeit allenfalls Kleinstrenten erarbeiten, grundsätzlich aber stellte sie sich hinter die "Rente mit 67". Um die gröbsten Probleme anzugehen und eine "Armutsfalle" zu beheben, sprach sie sich in Harburg - übrigens ebenso wie Manuel Sarrazin - für eine steuerfinanzierte "Solidarrente" von 850 Euro aus.
"Man kann nicht davon sprechen, dass alle Rentnerinnen und Rentner in Deutschland schlecht behandelt werden", so Sarrazin, "sondern dass es unter den Generationen sehr große Ungerechtigkeiten gibt, die auch tendenziell noch zunehmen." Er könne verstehen, dass die Mitglieder der IG BAU "eine andere und körperlich härtere Arbeit verrichten, als beispielsweise Christian Ströbele", der mit 74 noch für die Grünen im Bundestag sitzt. Grundsätzlich aber sei der demografische Wandel vorhanden und damit die "Rente mit 67" notwendig - auch "um Deutschland international wettbewerbsfähig zu machen."
Als Steilvorlage nahm das Jan van Aken, rief sogleich ins Publikum: "Die Rente mit 67 war falsch, sie ist falsch, sie bleibt falsch und sie muss weg!" Damit erarbeitete er sich den einzigen lautstarken Applaus des Abends. DIE LINKE fordert - ähnlich wie das Rentenkonzept der IG BAU - die Erhöhung des Rentenniveaus auf die ehemaligen 53 Prozent, eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro/Monat und die Rückführung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre. Finanziert werden soll dass laut van Aken durch den Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze, die Heranziehung aller Einkommensarten zur Rentenversicherung und den Produktivitätszuwachs.
Ein "sicheres Rentensystem" attestierte hingegen Sebastian Liebram. Der Hamburger FDP-Politiker hob die Bedeutung der "Riester-" und Betriebsrenten als weitere Säulen der Altersversorgung hervor und betonte wie Sarrazin die "Herausforderungen des demografischen Wandels". Liebram sprach sich für auskömmliche Löhne als Basis späterer Renten und ein "flexibles Renteneintrittsalter ab 60" aus - allerdings ohne das näher zu erläutern. Auch in der Frage der Mindestlöhne habe sich die FDP bewegt, spreche sich jetzt für branchenspezifische Lohnuntergrenzen aus.
"Man kann nicht davon sprechen, dass alle Rentnerinnen und Rentner in Deutschland schlecht behandelt werden", so Sarrazin, "sondern dass es unter den Generationen sehr große Ungerechtigkeiten gibt, die auch tendenziell noch zunehmen." Er könne verstehen, dass die Mitglieder der IG BAU "eine andere und körperlich härtere Arbeit verrichten, als beispielsweise Christian Ströbele", der mit 74 noch für die Grünen im Bundestag sitzt. Grundsätzlich aber sei der demografische Wandel vorhanden und damit die "Rente mit 67" notwendig - auch "um Deutschland international wettbewerbsfähig zu machen."
Als Steilvorlage nahm das Jan van Aken, rief sogleich ins Publikum: "Die Rente mit 67 war falsch, sie ist falsch, sie bleibt falsch und sie muss weg!" Damit erarbeitete er sich den einzigen lautstarken Applaus des Abends. DIE LINKE fordert - ähnlich wie das Rentenkonzept der IG BAU - die Erhöhung des Rentenniveaus auf die ehemaligen 53 Prozent, eine solidarische Mindestrente von 1.050 Euro/Monat und die Rückführung des Renteneintrittsalters auf 65 Jahre. Finanziert werden soll dass laut van Aken durch den Wegfall der Beitragsbemessungsgrenze, die Heranziehung aller Einkommensarten zur Rentenversicherung und den Produktivitätszuwachs.
Ein "sicheres Rentensystem" attestierte hingegen Sebastian Liebram. Der Hamburger FDP-Politiker hob die Bedeutung der "Riester-" und Betriebsrenten als weitere Säulen der Altersversorgung hervor und betonte wie Sarrazin die "Herausforderungen des demografischen Wandels". Liebram sprach sich für auskömmliche Löhne als Basis späterer Renten und ein "flexibles Renteneintrittsalter ab 60" aus - allerdings ohne das näher zu erläutern. Auch in der Frage der Mindestlöhne habe sich die FDP bewegt, spreche sich jetzt für branchenspezifische Lohnuntergrenzen aus.
Nicht ganz so uneins wie das Podium, mit aber dennoch unterschiedlichen Ansätzen stellten anschließend die IG BAU-Mitglieder im Publikum ihre Fragen. Während einzelne Redner Richtung Griechenland abdrifteten, forderten andere eine ungekürzte Altersrente nach 40 Beitragsjahren - also in einigen Fällen bereits mit 55 Jahren. Andere fragten sich, ob denn der verkopfte Bundestag, in dem inzwischen kaum noch Arbeiter sitzen, überhaupt in der Lage sei, die Sorgen von Bauleuten oder Reinigungskräften zu verstehen. Alle Redner gaben der Politik Eines mit auf den Weg: Von jeder Regierung, die nach dem 22. September die Geschicke der Bundesrepublik führt, erwarten sie in Zukunft größere Sorgfalt, wenn Hand an soziale Sicherungssysteme gelegt werden. Und eine Raumpflegerin als Bundestagsabgeordnete wäre auch mal ganz schick.
Olaf Harning
Olaf Harning